Lange Zeit galt Beckenbodentraining als eine Frauen-Domäne und hörte sich für Männer eher wenig attraktiv an. Doch inzwischen rückt der Beckenboden des Mannes immer mehr in das Bewusstsein. Die bisherige Vernachlässigung der Beckenbodenmuskulatur weicht immer stärker dem gezielten Training dieses Bereichs.
Doch warum ist das Training des Beckenbodens auch für Männer so wichtig?
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Was bringt Beckenbodentraining für Männer?
Der Beckenboden eines Mannes besteht – wie auch bei der Frau – aus mehreren Muskelschichten, die übereinander liegen. Was die Beckenbodenmuskulatur angeht, hast du als Mann aber „Vorteile“. Schließlich musst du deinen Beckenboden keinen extremen Belastungen aussetzen, wie es bei einer Schwangerschaft oder Geburt der Fall wäre. Außerdem bringt deine Beckenbodenmuskulatur lediglich zwei „Schwachstellen“ mit sich: die Öffnungen, durch welche Harnröhre und Enddarm treten.
Doch auch bei Männern kann die Beckenbodenmuskulatur erschlaffen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn du viel sitzen musst, eine schlechte Haltung entwickelst oder bereits eine Prostata-Operation hinter dir hast. Die Folge: Dein Beckenboden wird „undicht“ und beim Niesen und Lachen können einige Tropfen Urin abgehen. In der Medizin wird von einer sogenannten Belastungsinkontinenz gesprochen.
Folgende Gründe sprechen für ein Beckenbodentraining bei Männern:
- Verschiedenen Studien zufolge kannst du durch gezieltes Beckenbodentraining mögliche Inkontinenzbeschwerden sowie unwillkürlichen Harnverlust im Schlaf besser kontrollieren.
- Gezielte Gymnastikübungen für die Beckenbodenmuskulatur können dazu beitragen, Erektionsstörungen, einen vorzeitigen Samenerguss oder auch Impotenz entgegenzuwirken. Die Übungen sollen helfen, das Blut in den Schwellkörpern besser zu stauen und so kann sich durch die bewusste Kontraktion des Beckenbodens die Potenz trainieren.
- Beckenbodentraining kann dir dabei helfen, deine Haltung zu verbessern. Verspannungen im Bereich von Kreuz und Nacken sowie Rückenschmerzen lassen sich so lindern. Da umgekehrt eine schlechte Körperhaltung die Spannung des Beckenbodens verringert, kann es zum Stauchen der inneren Organe kommen, wodurch der Beckenboden stärker belastet wird.
- Mit Hilfe von speziellen Übungen kannst du die gesamte untere Rumpf- sowie die Beckenbodenstabilität verbessern, wodurch auch die Leistungsfähigkeit im Sport (z. B. beim Laufen, Fußball oder Rudern) erhöht wird.
Beckenbodentraining für Männer im Alltag
Die Gründe, die Beckenbodenmuskulatur zu trainieren, sind also vielfältig. Du solltest aber auch wissen, wo deine Beckenbodenmuskulatur zu finden ist. Vermutlich ist Beckenbodentraining für dich noch unbekanntes Terrain. Deshalb ist es sinnvoll, zunächst mit einer einfachen Grundübung zu beginnen. Du solltest dabei so tun, als würdest du den Urinstrahl abdrücken und die entsprechenden Muskeln ein paar Mal dabei zusammenziehen. Danach „zwickst“ du einige Male die Gesäßbacken zusammen. Der Bereich, der zwischen den dabei angespannten Muskeln liegt, ist der Damm und besteht vor allem aus Beckenbodenmuskulatur.
Im Alltag kannst du diesen Bereich deines Beckenbodens ganz unbemerkt im Stehen trainieren. Selbst im Supermarkt an der Kasse oder auch an der Bushaltestelle fällt niemandem auf, dass du Beckenbodentraining durchführst. Auch im Sitzen bei der Büroarbeit oder auch beim TV schauen sind diese Anspannungsübungen möglich. Du spannst die Muskeln des Beckenbodens dabei drei Sekunden lang an und entspannst sie etwa zehn Sekunden lang. Stell dir dabei vor, du würdest den Darm „nach innen“ ziehen. Da der Beckenboden auch Ruhepausen benötigt, um kräftiger zu werden, solltest du die Übungen täglich etwa zehnmal durchführen und es nicht übertreiben.
Neben dem Beckenbodentraining solltest du deinen Beckenboden im Alltag aber auch immer wieder entlasten. Für die Umsetzung stehen die folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
- Trainiere neben dem Beckenboden auch deine Bauchmuskeln, denn diese sind bei der Haltearbeit hilfreich.
- Wenn du dich aus einer liegenden Position aufsetzt, dann niemals gerade. Rolle besser über eine Seite aus dem Bett.
- Musst du schwere Gegenstände heben, dann gehe in die Hocke und lasse deinen Oberkörper immer gerade.
Beckenbodenübungen mit Biofeedback und Elektrostimulation unterstützen
Möchtest du dein Beckenbodentraining unterstützen, dann kann Biofeedback hilfreich sein. Mit Hilfe eines speziellen Geräts wird dabei die Muskelanspannung gemessen und über eine Leuchtanzeige oder ein Signal übermittelt. Dadurch kannst du deutlich feinfühligere Übungen oder eine Über- oder Unterforderung durchführen.
Weiterhin kann durch Elektrostimulation der Schließmuskel trainiert werden. Du musst hierbei nichts tun. Im Gegensatz zum Biofeedback sorgen hier schwache Stromimpulse für eine Anspannung des Muskels. Du führst dazu eine Sonde in den After ein.
Bislang ist noch nicht geklärt, wie die Elektrostimulation genau funktioniert. Es ist jedoch feststellbar, dass durch dieses automatische Beckenbodentraining die Muskulatur gestärkt wird. Zudem wird der Muskeltonus gesteigert und die Kontraktionsfähigkeit des Beckenbodens verbessert. Bei der Anwendung von Elektrostimulation dauert eine Trainingseinheit etwa 20 bis 30 Minuten, bereits nach sechs Monaten zeigen sich bei regelmäßiger Anwendung zweimal täglich vor allem bei bereits bestehender Inkontinenz Erfolgsraten von ungefähr 90 Prozent.
Beckenbodentraining für Männer auch ohne Probleme nützlich
Beckenbodentraining kann sich für dich als Mann auch dann lohnen, wenn du keine gesundheitlichen Probleme wie Inkontinenz hast. Gerade Fitness und Lebensqualität lassen sich mit entsprechenden Übungen für den Beckenboden positiv beeinflussen. Du kannst deine Körperhaltung bei regelmäßiger Anwendung unterstützen. Die Durchblutung der Muskulatur des Beckens wird dadurch verbessert, wodurch sich auch das Gefühl der sexuellen Erregung steigern kann.
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