Da ist sie, deine Traumfrau. Du stehst wie immer dämlich im Supermarkt vorm Dosenfutter herum und sie schleicht wie ein veganer Geist durch die Gemüseabteilung. In ihrer Hand trägt sie einen kleinen Korb, die Haare wurschteln im Gesicht herum und ihr Kopf ist tief in die vor ihr liegenden Gemüsekisten vergraben, damit sie ja keine faule Ware erwischt. Unterschiedlicher könntet ihr jetzt schon nicht sein, doch es ist wie es ist. Sie ist es, deine Traumfrau und du musst sie einfach kennenlernen. Also schleichst du eine gefühlte Stunde um sie herum und dann sprichst du sie an und fragst sie, ob sie das ganze Grünzeug nur für sich alleine kaufe. Die Hoffnung ist natürlich, dass ihre Antwort „ja“ lautet und schon bist du im Game. Zumindest so lange, bis sie deine Dosenwürstchen, Dosenravioli mit Fleischfüllung und die Dosenananas für den kleinen Snack zwischendurch bemerkt hat. Aber sei es drum. Du bist natürlich besonders stolz auf dich, denn du hast sie nicht getindert, sondern im Real Life angesprochen – Gemüse hin oder her.
Du verabredest dich also mit ihr am nächsten Tag zum Essen. Natürlich in einem Restaurant, denn du möchtest ihr auf keinen Fall eine deiner Ravioli-Dosen kochen, doch für einen selbstgemachten Sauerbraten fehlt dir die Zeit, die Erfahrung, die Küche, die Zutaten, das Rezept und überhaupt – was genau ist ein Sauerbraten und woher bekommt man die richtigen Töpfe und irgendwie war da noch etwas mit veganen Vorlieben!
Du zählst die Stunden bis zu eurem Date und hoffst, dass keine schweigsamen Minuten entstehen, während ihr euch gegenübersitzt, denn das wäre wohl der Worst-Case. Du versuchst dich darauf zu konzentrieren, dir einen Plan über Gespräche und Scherze für abends zu machen, denn du willst sie zum Lachen bringen, denn lachen ist immer ein Erfolgsgarant. Dumm nur, dass du gar kein so lustiger Typ bist, also brauchst du die Vorbereitung und egal wie sehr du dich versuchst zu konzentrieren, deine Gedanken rutschen immer wieder in ein Thema ab: Sex. Das erste Problem könnte sein, dass Sex nicht im Restaurant stattfindet (wenn doch, Hut ab!), sondern zuhause. Hier sieht deine Bude natürlich aus wie deine Dose Ravioli. Nicht zum Angeben gedacht, also räumst du die Themenhäufchen vorsichtshalber weg, die sich im Laufe der letzten Wochen quer durch deine Singlebude angesammelt haben. Soweit so gut, doch was war da noch gleich mit Sex? Richtig, du denkst darüber nach, ob du sie gleich mit zu dir nach Hause nehmen solltest oder ob du es ruhig und locker angehen lassen wirst. Immerhin ist sie ja die Eine, die Richtige. Da könnte man ja durchaus mal etwas warten. Oder? Tja, das ist die goldene Frage, um die es hier geht.
Zum einen muss natürlich gesagt sein, dass sich nicht jede Frau am ersten Abend mit zu dir nach Hause schleifen lässt, denn sie weiß natürlich, was dann passiert. Sie wird deine Ravioli sehen. Und das möchte sie eventuell noch nicht. Du stehst also besser da, wenn du das Thema „Ravioli To Go“ nicht ansprichst und abwartest, wie sich der Abend entwickelt. Doch ist das dann ein Garant dafür, dass ihr eine unbeschwerte, lange und glückliche Beziehung führen werdet? Nein. Denn es gibt keine perfekte Formel.
Der Mensch, besonders die Männer, sind hier teilweise einfach gestrickt und wenn man das weiß, kann einem dieses Wissen definitiv unterstützend zur Seite stehen. Allgemein ist es so, dass Menschen Dinge mehr schätzen, wenn diese Dinge entweder teuer sind oder einfach schwer zu bekommen. Dann entfacht dies in Männern und Frauen einen innerlichen Kampf, den sie nicht verlieren möchten. Sie wollen dieses spezielle, rare, teure und tolle Stück besitzen. Koste es, was es wolle. Also wird sich in Geduld geübt, denn Zeit regelt alles. Irgendwann. Die Frage, die du dir also stellen solltest ist, hast du vor, etwas Besonderes mit ihr zu erleben oder ist sie eine von vielen und es nicht wert, über ein langsames Vorgehen nachzudenken.
Immer wieder erleben wir, wie vor allem Frauen nach einem Date von einer „Drei-Tage-Regel“ sprechen. Damit meinen sie nicht ihre zu kurz anhaltende Periode, sondern den Zeitraum zwischen dem ersten Date und der ersten Nachricht an dich danach. Es soll auch besonders gefuchste Männer geben, die diese Regel benutzen, doch unterm Strich macht das überhaupt keinen Sinn, es sei denn, du stehst auf ein Verhalten wie im Kindergarten. Du magst sie, das Date lief gut, also schreib ihr.
Doch wir rutschen hier gerade ab in ein falsches Thema. Immerhin geht es hier um Sex und wie lange du warten solltest, bis du es darauf ankommen lässt. Bis bei dir zuhause Netflix & Chill angesagt ist und du die Panty-Dropper-Musik schlechthin auflegst. Ständig verändert sich die Zeit und das Verhalten, das in genau dieser Zeit dann von uns erwartet wird. Wir wissen nicht, was in vier Wochen ist, aber so lange zu warten, um mit deiner neuen Errungenschaft in die Kiste zu steigen, macht wenig Sinn. Es macht, sollte es etwas Ernstes zwischen dir und ihr werden, auch keinen Sinn, bereits am ersten Abend die Garage zu fegen, aber einen Monat warten ist schwer machbar, wenn man keinen Plan B in Form einer nebenbei laufenden Affäre hat, die, solange du wartest, immer mal wieder gut genug für ein kleines Tête-à-Tête ist. Natürlich nur so lange, bis du dein Ziel erreicht hast, denn dann solltest du, da du ja lange gewartet und dadurch sehr viel Engagement gezeigt hast, glücklich mit deiner neuen Partnerin sein.
Fazit: Sex beim ersten Date kann man machen, wenn man sich denkt, dass sie nicht auf Dauer für dich geeignet ist, du sie aber ganz nett findest. Hast du allerdings tatsächlich deine Herzdame vor dir sitzen, die sogar mit deinem exquisiten Ravioligeschmack zurechtkommt, dann gebt euch beiden ein paar Tage und ein paar Dates Zeit, bevor es zur Sache geht. In diesem Fall spielt die Zeit nämlich für euch.
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